Nachdem Sie sich, werte Leserinnen und Leser, vergangene Woche so tapfer durch einen äußerst kryptischen Blogbeitrag gequält und wunderbare Übersetzungen hierfür gefunden haben, erhalten Sie nun wie versprochen unsere Auflösung. Eine weitere Geschichte aus unserem Weinberg, die den Titel „Hefe-Heinz aus Gosslar“ trägt.
Seit geraumer Zeit wohnt unterhalb des Weinberges der Familie Lamprecht-Zollinger ein neues Mitglied der Gemeinde. Ein wenig scheu und zurückhaltend zu Beginn, zeigte sich der Neuankömmling nur selten auf einem abgelegenen Waldpfad oder beim ortsansässigen Gemüsehändler. Nicht ohne Grund, wie wir nach einiger Zeit erfuhren.
Bei dem Zugereisten handelte es sich um Heinz Petitfour aus Gosslar. Er war ein Mann von mächtiger Gestalt. Groß, stark und muskulös. Und was auf den ersten Blick auf uns Almbewohner so selbstsicher und beinahe angsteinflösend wirkte, hatte eine tragische Vorgeschichte.
Als Kind las der kleine Heinz gerne Comics. Ganz besonders hatten es ihm die Geschichten der Gallier Asterix und Obelix angetan. Und während er im Garten auf der Wiese lag und in deren Phantasiewelten entschwand, knabberte er nebenbei an einem Klumpen Hefe. Eine etwas ungewöhnliche Eigenschaft. Doch seine Eltern dachten sich nichts dabei und so merkte niemand, wie der Hefevorrat in den Gosslaer Supermärkten sank und der comicaffine Heinz an Körpervolumen zunahm. Unmerklich platzten die Nähte an seinen Hemden, die Hosenbeine wurden ihm zu eng. Die Mutter musste immer häufiger neue Kleidung für den Jungen kaufen.
Nun machte man sich doch ein wenig Sorgen und besah das Kind etwas genauer. Und oh Schreck, mittlerweile mussten die Eltern zu ihrem 6-jährigen Jungen hinaufblicken, so rasant war er gewachsen. Doch er war nicht nur gewachsen, er war regelrecht aufgegangen wie ein Hefeteig. In den Modegeschäften fand sich keine passende Kleidung mehr zum anziehen und so lief der als „Hefe-Heinz“ verspottete Junge nur noch in einer aus einer Gardine gefertigten Badehose durch die Stadt.
Genau wie sein Comicheld Obelix, der als Kind in einen Zaubertrank gefallen war und fortan bärenstarke Kräfte besaß, hatte der gute Heinz aufgrund seines Hefe-Konsums nun wohlgeformte, übermenschlich große Muskelpakete am ganzen Körper, die auch ihm zu einer gewissen Stärke verhalfen.
Doch aufgrund dieser Tatsache wurde er in seiner Heimat mehr verachtet als geliebt und so wanderte er eines Tages nach Amerika aus. Dort war es warm und so fiel niemandem der große Mann in Badehose auf, der am Strand von Malibu einer unter Vielen war. Sogleich fühlte er sich heimisch, schloß Freundschaft mit dem chilenischen Eisverkäufer Eduardo, dessen Frau Rosita in einer Textilfabrik arbeitete.

Eines Abends wurde der leicht bekleidete Hefe-Heinz von Eduardos Familie zu einem Grillfest eingeladen. Gemütlich saß man auf der Veranda einer kleinen Holzhütte und sah in die untergehende Sonne. Die Flagge Amerikas wehte stolz im Sommerwind und eine frische Brise entfachte die Glut im Grill aufs Neue. Und während Eduardo das Fleisch saftig briet, betrachtete seine Gattin Rosita die wild flatternde Flagge, besah sich den immer noch in Badehosen bekleideten Heinz, bis sie plötzlich vor Freude in die Hände klatschte und einen kurzen Tango tanzte. Anschließend riss sie ohne zu zögern das wehende Textil vom Fahnenmast, hob es prüfend vor Heinzens Statur und nickte.
Eine grandiose Idee war geboren. Im Nu nähte die geschickte Rosita aus der Fahne ein passendes Oberteil für den fröstelnden Heinz. Ja, der Stoff reichte sogar aus für die Anfertigung eines Hutes. Vom Glück überwältigt streifte sich Hefe-Heinz die Stars and Stripes über und genoss ein völlig neues Lebensgefühl. Seit dieser Zeit trägt er nur noch Landeskleidung, handgefertigt von Rosita.

Und dieses modische Outfit gab Hefe-Heinz den Mut, sein Heimatstädtchen Gosslar erneut aufzusuchen. Dort wurde er jedoch nicht wieder erkannt und für einen amerikanischen Wahlkampfhelfer gehalten. Enttäuscht packte Heinz seine sieben Sachen und hat sich deshalb seit einigen Wochen unterhalb des Weinberges einquartiert, um sich an der frischen Almluft zu erholen.
In unserem Kuhbauern Alfred Kuttler hat er sogleich einen neuen Freund gefunden, der ihm aus einem hochwertigen Rinderfell ein Ochsengewand genäht hat. Mit diesem tierischen Muster bekleidet steht Hefe-Heinz nun auf der Weide und unterhält sich mit den Wiederkäuern.
Und die Moral von der Geschicht: esse zu viel Hefe nicht. Sie verdirbt den Körper dir im Nu, und du wirst zu einer Kuh!
Wenn Sie nun, liebe Leserinnen und Leser, Interesse an einer Brieffreundschaft haben oder einen Freund suchen, der Ihnen die Bierkästen mit dem kleinen Finger in die 10te Etage trägt, melden Sie sich bitte auf der Alm. Mit oder ohne Passfoto und einer kurzen Auflistung Ihrer Hobbies. Hefe-Heinz sucht Anschluss und freut sich über jeden neuen Kontakt! 🙂
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